18. Apr 2014
Umfrageresultate hin oder her: Die Jugend soll in der Politik mitreden und mitbestimmen. Der Vorschlag von Bundesrat Burkhalter, das Stimm- und Wahlrechtsalter 16 zu prüfen ist gut. In Basel haben wir darüber schon einmal abgestimmt.
Draussen
blüht und grünt es. In den Stuben der Politik allerdings ist der
Frühling noch nicht angekommen. Dort hat immer noch die Generation, die
im herbstlichen Abschnitt ihres Lebens angekommen ist, das Sagen. Im
Nationalrat lag das Durchschnittsalter seit 1970 nie unter 50 Jahren,
die Ständerätinnen und Ständeräte sind derzeit im Durchschnitt 55 Jahre
alt. Rechnet man die beiden unter 40-Jährigen als Ausreisser ab, dürften
es noch ein paar Jahre mehr sein. Im Basler Grossen Rat ist das nicht
anders. Das Durchschnittsalter beträgt ebenfalls 50 Jahre. Mit der
breiten Altersverteilung zwischen Jahrgang 1937 und 1988 sind aber
zumindest alle Altersklassen vertreten.
Die Publikation der Beteiligung der Altersklassen bei der
Masseneinwanderungsinitiative hat erneut zu einer Debatte über die
Politikverdrossenheit der Jugend geführt. Unabhängig davon, ob sich
Claude Longchamp verrechnet hat oder nicht: Interessant ist, was
passiert ist. Bundespräsident Didier Burkhalter lanciert das
Stimmrechtsalter 16 neu. Zu prüfen sei dessen Einführung vorrangig auf
lokaler und kantonaler Ebene.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau: Wir Baslerinnen und Basler haben
darüber bereits einmal abgestimmt. Wie damals beim Frauenstimmrecht –
über das die Männer abstimmten – haben auch hier natürlich nur die
Erwachsenen – deren Beteiligung im Durchschnitt bei 40 Prozent liegt –
darüber entschieden, ob sich die Jugendlichen schon mit 16 am
politischen Leben beteiligen dürfen. In Basel haben 72 Prozent dieser
bis in die Knochen politisierten Generation befunden, dass 16-Jährige
noch nicht fähig seien, komplexe politische Fragen zu beurteilen.
Das Junge Grüne Bündnis hatte 2009 diese Initiative für das Stimm-
und Wahlrecht 16 eingereicht. Enttäuscht über das Abstimmungsresultat
mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Zeit noch nicht reif ist und
uns der Kanton Glarus bei diesem Thema links überholt hat. Auch heute
noch bin ich überzeugt, dass ein Stimm- und Wahlrecht 16 unserer
Gesellschaft gut tun würde. Nicht, weil ich glaube, dass die
Stimmbeteiligung unmittelbar deutlich höher wäre. Aber weil ich
überzeugt bin, dass wir dadurch das Interesse mehr Jugendlicher wecken
könnten. Dafür braucht es etwas mehr als das Stimmcouvert, das bei den
rund 3400 Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren in Basel-Stadt ins Haus
flattert. Politische Bildung ist unumgänglich.
Mich betrübt noch heute, dass ich in acht Jahren Gymnasium keine einzige Lektion Staatskunde hatte. Das Bewusstsein
dafür ist heute besser, doch scheint der Staatskundeunterricht für
alle noch in weiter Ferne. Ich bin überzeugt, dass sich ein grosser Teil
der Jugend für diese Themen interessieren würde. Wir haben die
Verantwortung, ihnen zu zeigen, dass diese Fragen und noch mehr die
Antworten, die das Volk gibt, ihre Zukunft bestimmt. Ich freue mich
darum umso mehr auf den Polit-Battle von «Radio X» Anfang Mai, an dem
Jugendliche mit Politikern Themen diskutieren, die ihnen unter den
Nägeln brennen.
Basler Kommentar in der bz Basel vom 16.04.2014